Endlich haben wir Lion auf der Platte. Nach einer knappen Dreiviertelstunde Download an einer ziemlich guten 16k DSL-Leitung war die Installation ein Kinderspiel.

Lion Installation

Nach dem Download wurde sofort die Installation vorgeschlagen. Diese lief absolut problemlos ab und dauerte ungefähr 30 Minuten. Wie ist der erste Eindruck bisher? Gemischt muss man sagen. Im Großen und Ganzen scheint alles stabil zu laufen. Alle häufig verwendeten Programme scheinen keine Mucken zu machen, keines hat bisher den Dienst versagt. Dennoch gibt es ein paar störende Details.

Wir möchten hier nicht alle 250 (großzügig von Apple aufgezählten Detailsverbesserungen) aufzählen und kommentieren. Wer einen kompletten Überblick haben möchte, kann sich bei Apple die ganze Liste ja mal anschauen. Wir möchten hier nur auf die ersten offensichtlichen Änderungen eingehen.

Apps im Vollbildmodus

Ohje. Wie oft habe ich Windowsnutzern zu erklären versucht, dass das Fensterhandling von Mac OS viel besser ist. Und nun das: Vollbildapps auf dem Mac – was soll ich sagen. Es ist ungewohnt am Anfang, weil man es nicht kennt, aber das soll keine Ausrede sein. Man gewöhnt sich recht schnell daran. Außerdem muss man es ja nicht nutzen. So bleiben die Mac OS typischen Verhaltensweisen für die Fenster bestehen (schließen des Fensters schließt nicht das Programm) und dennoch wird der ganze Platz des Bildschirms gut ausgenutzt. Erster gefühlter Effekt beim Nutzen des Vollbildmodus: Man konzentriert sich mehr auf das Programm und dessen Inhalt und wird weniger abgelenkt. Wenn dieser Effekt anhält, wäre es mir nicht unrecht.

Zum Handling der Vollbildapps: Wer es so gemacht hat wie ich und sich ein paar verschiedene Desktops angelegt hat (bei mir 1, 2 und 3 nebeneinander) wird sich fragen: wo bleiben die Vollbildapps? Ich habe erst angenommen, dass sie einfach einen Desktop ganz einnehmen, aber das stimmt nicht. Sie eröffenen sozusagen ihren eigenen und werden zwischen die existierenden eingeschoben. Hat man also Mail auf dem ersten Desktop geöffnet und maximiert jetzt das Fenster, hat man jetzt folgende Konstellation: Desktop 1, Mail, Desktop 2, Desktop 3. Gewöhnungsbedürftig, aber auf den ersten Blick logisch.

Multi-Touch-Gesten

Ich muss sagen, dass ich ein großer Fan von Apples Touchpads bin und auch die dazugehörigen Gesten als gut durchdacht empfinde. Mit der neuen Version von OS X wurden hier nochmal ein paar Weiterentwicklungen angebracht, die der neuen Funkion “Vollbildapps” Rechnung tragen. So kann man jetzt mit einem Drei-Finger-Swipe (schönes Wort) zwischen den Applikationen wechseln. iPadbesitzer kenn das schon? Dann brauchen sie sich jetzt am Computer nicht mehr umstellen. Allerdings kann man nicht einfach alle Gesten von der letzen Betriebssystemversion übernehmen. So existiert ja z.B. Exposé, also die gleichzeitige Darstellung aller geöffneten Fenster so nicht mehr. Damit war eine Vier-Finger-Geste verbunden, die ich täglich häufig genutzt habe, auch um mir Dateien auf dem Desktop anzusehen.

Neue Multitouch Gesten

Die angesprochene Geste existiert immer noch, allerdings nur noch für Misson Control. Für den Desktop muss man sich eine neue Geste angewöhnen, und zwar mit dem Daumen und drei Fingern. Ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Im Zussammenspiel mit den Vollbildapps macht Misson Control denn auch Sinn: Habe ich es vorher für eine überflüssige Änderung gehalten, wird nun deutlich, dass jede Vollbildapp hier sofort erreichbar ist.

Kleiner Wehrmutstropfen: Die Gesten scheinen bei mir gerade nicht zu funktionieren – habe wohl die Einstellungen zu oft geändert. :)

Mail

Die Überarbeitung von Mail erwartete ich schon seit Jahren ungeduldig. Dass jetzt das Layout vom iPad übernommen wurde freut mich umso mehr. Es ist eine Freude damit eMails zu bearbeiten. Das neue Design von Mail ist mal wieder ein Beispiel dafür, wie sehr das Design den Workflow und dieser wiederum meine Laune beim Arbeiten beeinflußt, ohne mich dabei abzulenken. Meine am meisten genutzte Funktion bisher: die Darstellung aller Mails, die inhaltlich im Zusammenhang stehen. Mail leidet allerdings auch unter einem Grauschleier – mehr dazu später.

Launchpad

Halleluja – ich habe zumindest gedacht, dass ich das sagen würde. Ich muss zugeben, ich war zu Anfang sehr kritisch, als die ersten Gerüchte aufkamen, dass iOS und Mac OS sich annähern sollten. Die Bedienung des iPhones auf einem Mac? Wie sollte das funktionieren. Aber das Organisieren von Apps auf dem iPhone in Ordnern, die sich immer am selben Platz befinden ist schlichtweg genial. Ich merke mir eher die Positionen, an denen ich was gespeichert habe und habe es gehasst, wenn sich nach einer Installation die Programmicons, brav alphabetisch sortiert, immer wieder verschoben haben. Damit ist jetzt endlich Schluß. Ganz ehrlich: in seiner Einfachheit habe ich gedacht, dass wird meine Lieblingsneuerung in Lion.

Riesige Icons in Launchpad

Allderdings hat Apple meine gute Laune stark getrübt. Die Umsetzung ist mehr als mäßig. Ich arbeite an einem 27 Zoll iMac und die Launchpad Icons sind so riesig, dass ich sie auch ohne Brille erkennen könnte. Zudem habe ich irgendwie das Gefühl, dass es lieblos umgesetzt wurde. Die Idee, Anwendungen hierarchisch zu ordnen ist nach wie vor eine starke Verbesserung, aber nicht in der Art wie sie bis jetzt stattgefunden hat. Und das nicht nur, weil auch die bisherige Möglichkeit, der Launcher noch parallel dazu existiert. Und man das Launchpad Icon nicht in den Bereich des Docs legen kann, der sich nicht verändert. Ich hoffe, Apple bessert hier nochmal stark nach.

Design

Ein schwieriges Thema. Man bekommt den Eindruck, als hätte zwangsweise etwas verändert werden müssen, nur weil es eine neue Versionsnummer gibt. Die Änderungen, die stattgefunden haben, finde ich überwiegend negativ.

Die Scrollbalken wurden durch kleine graue Leisten ersetzt. Eine Veränderung, die in Zeiten von Multitouchpads keinen richtig betreffen dürfte.

Als zweites sind da die Schaltflächen der Fenster zum Schließen oder Minimieren. Sie sind wesentlich kleiner geworden. Stellt sich die Frage: Warum? Dort Platz zu sparen macht nun wirklich kein Sinn. Zudem ist es dem Gesamterscheinungsbild auch nicht zuträglich, es sieht eher kindisch aus.

Im Finder ist alles grau

Zum dritten hat der Grauschleier zugeschlagen: in Mail als auch im Finder werden alle Ordner nur noch in einer Farbe gelistet: grau. Wo es vorher mit einem schnellen Blick möglich war anhand der Farbe schnell das Gesuchte ausfindig zu machen, muss man jetzt genauer hinsehen. Hoffentlich werden nicht irgendwann auch noch alle Dock Icons grau…

Neues Design in Lion

Viertens wurden die Schaltflächen und Wartebalken verändert. Vom alten Aqua-Look wurde gänzlich Abstand genommen und auf eine Art sieht das aktuelle Design weichgespült aus. Mit einer erkennbaren Anlehnung an Windows 7, wenn ihr mich fragt.

Apple iCal

Und zu guter Letzt geht bei Apple ja gerade der Geist um, alle Apps so aussehen zu lassen, als wären sie echt: So hat der Kalender eine Lederanmutung und das Adressbuch sieht aus wie – tja – ein Adressbuch. Davon kann man halten was man will, aber wenn beim Kalender noch ein Umblätter-Effekt erfolgt und dafür die vorher herrschenden klaren Farben leichten Aquarelltönen weichen, ist es doch zu viel des Guten.

Resume

Nein, hier ist nicht von einer Zusammenfassung die Rede, sondern von der Funktion des Weiterarbeitens nach einem Neustart. Bisher sind wir es ja gewohnt, dass es nach dem Standby dort weitergeht, wo wir aufgehört haben. Nach einem Neustart dagegen ist alles wieder auf null: die Programme müssen neu gestartet werden etc. Resume will mit dieser Trennung aufhören – und scheint seine Sache dem ersten Eindruck nach gut zu machen. Wobei ich glaube, dass sich in kurzen Übergangsphase das ein oder andere Programm noch an diese Funkion gewöhnen muss. Alles in allem bekommt man aber den Eindruck eines ausgereiften Features.

Fazit

Ein Punkt noch, der mir beim Arbeiten aufgefallen ist: Wenn man mit einem Shortcut von einem Desktop zum anderen wechselt, ist das Scrollen um eine Winzigkeit langsamer geworden. Aber um genau so viel, dass es stört. Zudem werden erst nachdem man auf Desktop angekommen ist, die Icons geladen. Eine störende Ablenkung, wenn man ständig hin und her schaltet.

Die anderen Änderungen von Lion werden wir testen und in den nächsten Tag unsere Erfahrungen mit Euch teilen. Das vorläufige Fazit lautet bisher: Es wurden viele Veränderungen umgesetzt, die nicht nur unter der Haube stattgefunden haben, sondern direkt die Arbeitsweise beeinflussen, und das im Ansatz gut, wie ich finde. Dass dabei noch die genannten Einschränkungen vorhanden sind, ist zwar etwas nervig, besonders wenn man gewohnt ist, dass Apple eigentlich alles zu Ende denkt. Allerdings sind sie nicht so schwerwiegend, dass einem die Freude genommen würde, mit dem System zu arbeiten. Gerade das neue Fenstermanagement scheint noch großes Potenzial zu haben. Auch wenn Apple noch viel Feedback bekommen wird. :)

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