Das iPhone 14 ist bis auf die leicht verbesserte Kamera und die außerhalb der USA nicht erhältliche Satellitenkommunikation mehr oder weniger ein iPhone 13 Pro. Ein technischer Fortschritt, der leicht übersehen wird, kommt jedoch hinzu: die Umstellung auf Bluetooth 5.3.
Alle vorherigen iPhones wurden nur mit Bluetooth 5.0 ausgeliefert. Was bringt also die Erweiterung auf 5.3? Schauen wir uns mal die unter den jeweiligen Versionsnummern eingeführten Änderungen an:
- 5.1: Direction Finding
- 5.2: LE Audio mit LC3 Codec, Broadcast Audio
- 5.3: Verbesserungen für IoT-Geräte
Wie wir sehen hat Apple aus gutem Grund 5.1 gar nicht erst eingeführt: denn für das Finden von Objekten im Apple Universum nutzt Apple den eigens entwickelten U1 Chip. Dieser steckt beispielsweise in iPhone und den Air Tags und hilft dabei ihre Position festzustellen.
Mit den neuen Geräten unterstützt Apple aber nun auch LE Audio. Dieser Standard ermöglicht es über den Bluetooth Low Energy Teil Audiodaten zu übertragen. Bisher war dieser Part des Bluetoothstandards zu langsam um Audio zu streamen, jetzt ist das zusammen mit dem neuen LC3 Codec möglich. Weiterhin lassen sich mit der Broadcast-Funktion viele Empfänger gleichzeitig ansteuern (stellt Euch vor alle Besucher stehen in einem Museum vor einem Gemälde und bekommen die gesprochenen Infos alle gleichzeitig auf Ihre Bluetooth-Kopfhörer).
Mit 5.3 kommen weitere Verbesserungen für kleine IoT Geräte hinzu. Beispiel ist ein Gerät, dass beispielsweise Blutzucker misst und die meiste Zeit keine Daten übertragen muss sondern nur gekoppelt ist. Zu einem Zeitpunkt werden aber alle gesammelten Daten ans Smartphone geschickt. Der Wechsel vom Low-Power- in den Datenübertragungsmode soll schneller und stabiler stattfinden.
Bringt Bluetooth 5.3 bessere Akkulaufzeit? Nicht mit AAC.
Also sind nun auch in iPhones die letzen aktuellen Entwicklungen des Bluetoothstandards eingeführt worden. Auch die neuen AirPods Pro bringen die 5.3 Versionsnummer mit. Stellt sich also die Frage, ob sich die Akkulaufzeit damit gravierend verbessert. Die Antwort ist: nein, überhaupt nicht. Apple gibt für ganz neuen AirPods Pro der 2. Generation immer noch die gleiche Akkulaufzeit an wie für die AirPods der dritten Generation mit Bluetooth 5.0. Jeweils sechs Stunden werden genannt.
Warum ist das so? Die Verbesserungen im Bereich von LE Audio können anscheinend nicht genutzt werden. Der LC3 Codec ist nämlich der Nachfolger des SBC Codecs, und das ist der schlechteste aller Bluetooth Codecs. Die Nutzung dieses Codecs wird üblicherweise vermieden, durchgesetzt für hochwertiges Audio haben sich aptX oder bei Apple eben AAC. Der AAC Codec jedoch lässt sich wohl nicht über den Low Energy Teil des Bluetooth Standards übertragen sondern muss das herkömmliche Bluetooth Classic nutzen – wie alle aktuell verfügbaren Audiostreaminggeräte – und fällt damit auf Bluetooth 2.1 EDR zurück. Das scheint nach wie vor der Standard für Audiostreaming. Selbst wenn Ihr also einen Kopfhörer mit Bluetooth 5.0 oder 5.3 habt verbessert sich damit also Akkulaufzeit an einem iPhone nicht. Zwar besitzen diese Geräte einen Low Energy Teil, der mit dem iPhone kommuniziert, allerdings wird dieser nur für die Übertragung von Informationen, wie beispielsweise den Akkustand, genutzt. Fürs Audiostreaming, sofern es nicht der schlechtere LC3 Codec ist, wird jedoch Bluetooth Classic verwendet und dann hat ein Kopfhörer mit Bluetooth 3.0 keinen Vorteil gegenüber einem mit Bluetooth 5.3 hinsichtlich der Akkulaufzeit.
Vielleicht hat Apple aber ein Feature eingebaut: Evtl. kann man von AAC (klassisches Bluetooth) auf LC3 mit etwas geringerer Qualität und Low Energy umschalten. Der Vorteil wäre eine signifikante Erhöhung der Akkulaufzeit bei etwas sinkender Qualität der Übertragung.
Bluetooth LE Audio (BLE Audio) und damit der LC3 Codec wurden Ende 2020 als optionaler Teil von Bluetooth 5.2 eingeführt. Es gibt derzeit nur sehr wenige Chipsätze, die diesen Teil implementiert haben. Vermutlich aber wird der im iPhone 14 verwendete Bluetooth-Chipsatz die Option BLE Audio nicht verbaut haben, denn im Datenblatt (https://www.apple.com/de/iphone-14-pro/specs/ ) sind weder BLE Audio noch LC3 erwähnt.
Der LC3-Codec ist gerade dafür entwickelt worden, unter Bluetooth-LE möglichst effizient zu arbeiten. Bei der Verbindungsaufnahme handeln beide beteiligten Chipsätze aus, mit welchem Codec gearbeitet wird. Man einigt sich dann auf den besten von beiden unterstützen Codecs. Ist Apple unter sich, wird es meist der AAC sein, sind beide Chips von Qualcomm, wird AptX die erste Wahl sein. Im Zweifelsfall ist dies bei Bluetooth-Classic der SBC und bei Bluetooth-LE der LC3 (jeweils die Pflicht-Codecs). Oder es kommt keine Verbindung zustande.
Es stimmt nicht, dass iPhones nicht über Bluetooth-LE Audiodaten übertragen könnten: seit 2014 übertragen alle iPhones/iPads/iPod-Touch durch eine von Apple patentierte Modifikation des Bluetooth-LE-Standards Audio-Streams auf Hörgeräte/CI’s mit dem Sigel “Made-for-iPhone”. Alle Hörsystem-Hersteller bis auf Phonak haben entsprechend teure Hörsysteme im Angebot. Phonak verwendet Bluetooth-Classic. Weil beide, die Apple- und die Bluetooth-Classic-Variante eine zu hohe Latenzzeit haben, entwickelten alle Hörgeräte-Hersteller eine eigene “geheime” Drahtlostechnik für ihre TV-Streamer und Funkmikrofone.
Dass BLE Audio derzeit noch immer nicht funktioniert, liegt einfach daran, dass es noch immer keine entsprechende Bediensoftware gibt. Erst im Sommer 2022 wurde von der Bluetooth SIG ein Bedienkonzept unter dem Namen “Auracast” vorgestellt. Für Hörsystem-Träger:innen ist es allerdings nicht barriefrei. Außer Marketing-Verlautbarungen wurden bisher weder ein gelungenes “Proof-of-Concept”, noch ein Prototyp vorgestellt. Kein Wunder, dass sich da Apple sehr zurückhält, zumal BLE Audio sich für die nächsten Jahre nicht für’s Telefonieren eignet, weil es vorerst ein Broadcast-System ist und wer möchte schon seine geschäftlichen Telefonate in die Öffentichkeit streamen. Apple würde sich also eine Sicherheitslücke einhandeln.
Danke für Deine Ergänzungen!